Bei der Generaldebatte zum Bundeshaushalt 2025 am 9. Juli 2025 stellte Kulturstaatsminister Weimer im Deutschen Bundestag seine Vorhaben für den Kultur- und Medienbereich vor.
- Es gilt das gesprochene Wort. -
Es ist ziemlich genau 80 Jahre her, da Deutschland vom Grauen des Nationalsozialismus befreit wurde und der Weltkrieg endlich vorüber war. Wir erinnern uns daher derzeit an die Befreiung der Konzentrationslager und unterstützen auch mit den Mitteln dieses Haushaltes Gedenkstätten und Erinnerungsorte in besonderer Weise.
Matthias Miersch hat vorhin, wie ich finde, sehr zutreffend von einem wachsenden Milieu gestohlener Herzen gesprochen. Das geht aus meiner Sicht einher mit einem wachsenden Milieu vergessener Gewissen. Dem treten wir entgegen. Und deswegen investieren wir in politische Bildung und Erinnerung.
Erst vor wenigen Tagen habe ich gemeinsam mit meiner polnischen Kollegin den Gedenkort eingeweiht, der an das millionenfache Leid der polnischen Opfer des deutschen Angriffskrieges und der Besatzungsherrschaft erinnert. Er liegt direkt hier gegenüber, auf der anderen Seite des Platzes der Republik. Und ich danke an dieser Stelle ausdrücklich unseren polnischen Nachbarn, dass wir nicht nur die Erinnerung, sondern auch die Kulturpolitik im Geiste der Freundschaft neu miteinander vitalisieren.
Es ist genau 90 Jahre her, da die Nürnberger Gesetze der Nazis die Verfolgung der Juden in Deutschland zum grausamen Staatsprogramm machten, um das jüdische Leben auszulöschen. Uns ist es daher ein wichtiges Anliegen, dass wir heute mit dem Haushalt das Jüdische Museum Berlin ganz besonders stärken, um jüdisches Leben sichtbar zu machen. Gerade jetzt, da Juden in Deutschland wieder Angst haben und bedroht sind, brauchen wir Orte wie diese, die Gesicht zeigen.
Es ist genau 100 Jahre her, da Deutschland und Frankreich mit den Verträgen von Locarno eine Friedensbrücke zueinander bauten. Briand und Stresemann bekamen dafür den Friedensnobelpreis, und die Idee der Vereinigten Staaten von Europa war in der Welt, übrigens ganz besonders auch in kulturell-medialer Hinsicht. In der Tradition dieser Haltung haben wir mit meiner französischen Amtskollegin in Paris vereinbart, dass wir sowohl den Fernsehsender Arte als auch die Deutsche Welle künftig stärker europäisieren und in engerer Kooperation betreiben wollen.
Die Deutsche Welle hat die Pflicht und mit den erheblichen Mitteln, die wir mit diesem Haushalt freimachen, nun auch die Chance, die gewaltige Stimme der Freiheit in der Welt zu werden, in einer Welt, in der Freiheitsräume leider immer enger werden und sich unsere amerikanischen Freunde mit Voice of America aus dem globalen Meinungswettbewerb gegen die Autokraten leider zurückziehen. Wir werden vorwärtsgehen müssen und das realisieren.
Es ist genau 200 Jahre her, da hier in Berlin auf der Museumsinsel unter der Regie von Wilhelm von Humboldt und Karl Schinkel mit dem Bau einer echten Weltsensation begonnen wurde, einem einzigartigen Museumsensemble, das nun im großen Jubiläumsglanz erstrahlt. Die Stiftung Preußischer Kulturbesitz bildet mit dem Louvre und dem British Museum das glorreiche Triumvirat europäischer Kulturmuseen. Wir stärken es mit unseren aufgestockten Mitteln so, dass Glanz und Gloria strahlen, aber auch die Fackeln der Aufklärung, der Weltoffenheit, dieser deutschen Leidenschaft ums Wissen und Können, darin leuchten und uns wunderbare Wege weisen.
Es ist genau 1.200 Jahre her, da Karl der Große mit den karolingischen Minuskeln die europäische Schrift eingeführt hat, die bis heute global dominiert. Seither war Deutschland über Jahrhunderte eine Hochburg der globalen Medienwelt. Gutenberg hat den Buchdruck erfunden, Philipp Reis das Telefon, Timotheus Ritzsch die erste Tageszeitung, Emil Berliner die Schallplatte. Karl Braun hat die Fernsehtechnik startklar gemacht. Babelsberg war das erste große Filmstudio der Welt. Konrad Zuse hat den Computer erfunden, das Fraunhofer-Institut den MP3-Player. Unsere Medienpolitik soll dazu beitragen, dass wir auch in Zukunft medial vorne mitspielen und wir das Feld der Medien nicht amerikanischen und chinesischen Big Techs überlassen.
Wir intensivieren daher Medienpolitik in neuer Weise, auch und gerade weil unsere Demokratie und die Medienvielfalt bedroht sind. Dazu gehört, dass wir die Filmförderung weiterentwickeln, damit „made in Germany“ wieder ein Gütesiegel der Filmproduktion wird.
Und auch bei der Entwicklung, dem Einsatz und der Regulierung von KI werden wir dafür kämpfen, dass Europa sich kulturpolitisch nicht kleinmacht vor der Konkurrenz aus den USA und China.
Es ist genau 500 Jahre her, da Martin Luther in Wittenberg seine Ideenwelt der „sola scriptura“ veröffentlichte und die reformatorische Wende einleitete. Wir sanieren heute mit den Haushaltsmitteln das dortige Lutherhaus als UNESCO-Weltkulturerbe. Diese Baumaßnahme ist Teil einer Kulturbautenoffensive, die der BKM gestartet hat. Wir werden mit den Haushaltsmitteln deutschlandweit unsere großartigen Kulturorte restaurieren und sie in ihrem Drama und ihrer Schönheit scheinen lassen. Ich plädiere für eine lustvolle Sichtbarmachung kultureller Orte und danke dem Parlament für die Unterstützung an dieser Stelle.
Und zum Schluss: Es ist genau 100 Jahre her, als Walter Gropius in Dessau das Bauhausgebäude erschuf und damit die Architektur- und die Designgeschichte der Welt veränderte, das Symbol der „weißen Moderne“ schuf. Wer heute in Sachsen-Anhalt ernsthaft die Bauhausästhetik als einen Irrweg der Moderne diffamiert, der hat nicht bloß den Anschluss an die Moderne verpasst, der verkennt eine großartige Leistung unserer kulturellen Avantgarde, einen historischen Erfolg deutscher Kreativkultur. Das Bauhaus ist wirklich eine Weltmarke, von Shanghai über Tel Aviv bis Chicago. Wer das also attackiert, der knüpft direkt an die Verfolgung der Bauhausträger durch die NSDAP an, die Bauhausmeister wie Feininger, Kandinsky, Klee oder Schlemmer brutal verfolgte. Die Nazis diffamierten das Bauhaus als entartet, kerkerten ihre Protagonisten ein, brachten sie um oder trieben sie, wie eben Gropius, ins Exil. Wer mithin aus dem Milieu der Herzlosen so gerne vom deutschen Stolz redet, dem sage ich: Was deutschen Stolz auch ausmacht, ist, stolz auf unser Bauhaus zu sein. Darum wird mein Haus das Kulturerbe des Bauhauses in dieser Legislatur mit den Mitteln dieses Haushalts in besonderer Weise pflegen und sichtbar machen.
Vielen Dank.