Bei der 75. Verleihung des Deutschen Filmpreises – mit dem ersten Auftritt des neuen Kulturstaatsministers Wolfram Weimer – ging es um Zivilcourage und ein Zusammenstehen der Kulturszene. In seinem Grußwort bekannte Wolfram Weimer seine Liebe zur Kunst im Allgemeinen und zum Film im Besonderen. Er betonte, die beste Kulturpolitik sei eine, die ermögliche und nicht gängele. „Der einzige Kulturkampf, den ich führen werde, ist der Kampf für die Kultur“, sagte er.
- Es gilt das gesprochene Wort -
75 Jahre Deutscher Filmpreis ist eine große Sache. Denn dieser Preis leuchtet hell über Zeitenwenden hinweg, übrigens auch über Regierungswechsel. Und weil dieser diese Woche so frisch war, und am Mittwoch so dramatisch, kann ich verstehen, dass es da spannende Fragen gibt: Wie geht es nun weiter? Wie werden die das mit Deutschland im Allgemeinen und wie werden sie es mit der Kultur und Filmbranche im Besonderen machen? Dass Sie, lieber Herr Gallenberger, die Sorge vor kultureller Verengung so direkt ansprechen, dafür bin ich Ihnen dankbar, denn das kann ich sehr klar beantworten. Das tue ich im Stil meines früheren Berufes, als Journalist, mit klarer Deutlichkeit. Ich kann das nämlich dementieren. Die Kulturpolitik wird mit dieser Regierung und mit mir bestimmt nicht nach rechts gerückt. Sie wird aber auch nicht nach links gerückt. Die Kulturpolitik bleibt an der Seite der Kultur und ihrer Freiheit. Für mich gibt es da eine oberste Prämisse und das ist etwas, das teile ich mit allen meinen Amtsvorgängern, egal welcher Partei. Und das ist die Maßgabe Friedrich Schillers: Freiheit ist die Mutter der Kunst. Die Politik sollte sich nicht auf Verengung einlassen, sondern die Freiräume ermöglichen. Deshalb sind wir ganz gegen irgendwelche politischen Vorgaben. Und deswegen kann ich Ihnen sagen: Der einzige Kulturkampf, den ich führen werde, ist der Kampf für die Kultur. Denn, davon bin ich fest überzeugt und das nehme ich auch von Claudia Roth mit: Gute Kulturpolitik agiert nicht von oben herab, sondern stärkt die Kräfte von innen heraus.
Vielleicht erlauben Sie mir, weil sie das auch sehr allgemeinpolitisch angesprochen haben – und ich finde das gut – ebenfalls eine allgemeinpolitische Bemerkung. Das war ja eine besondere Woche. Wenn die Regierung wechselt und dann noch mit dieser dramatischen Zuspitzung: Diese neue Regierung aus Sozial- und Christdemokraten ist habituell, in ihrem Selbstgefühl, ist auch programmatisch wirklich eine Koalition der Mitte, eine Regierung der Mitte. Und dieses Thema der Mitte, da sollten wir uns bewusst werden: Egal ob wir die Welt nun etwas bürgerlicher sehen (wie ich), oder ob wir sie ein bisschen grüner sehen (wie Frau Roth oder Frau Baerbock), ob wir sie roter sehen (wie Björn Böhning) oder ob wir sie gelber und liberaler sehen (wie hoffentlich noch den ein oder anderen Liberalen) – wir in der breiten Mitte, wir sind in der Mehrheit. Wir sind Drei-Viertel – noch. Und wir sollten uns anstrengen, dass diese Legislaturperiode genutzt wird, dass aus dem diesem noch ein erst wird.
Sie haben auf den Koalitionsvertrag verwiesen und das ist richtig. Da steht sehr klar der Satz drin: Wir setzen auf die offene Bühne. Und nicht auf die geschlossene Gesellschaft. Darum werden wir natürlich auch als Haus, als BKM, an der guten Tradition festhalten, den deutschen Film vor allen Dingen in seiner künstlerischen Kraft, seinem Drama und seiner Schönheit scheinen zu lassen und nach Kräften zu fördern. Aber eben in diesem Schillerschen Sinne des freiheitlichen Geistes.
Apropos Förderung, Sie haben es angesprochen: Natürlich geht es der Branche nicht wirklich gut. Wir verlieren Marktanteile, der Produktionsstandort ist schwer attackiert, auch die wirtschaftlichen und die sozialen Rahmenbedingungen vieler Geschäfte sind schwierig. Ich kann Ihnen das als langjähriger Medienunternehmer selber sagen, das haben wir sehr im Blick. Es ist eine Grundmotivation dieser Regierung, die Geschäfte wieder ins Laufen zu bringen und das soll für die Filmgeschäfte auch gelten. Ihnen auch den Raum und die Möglichkeiten zu geben, sich auch international besser zu präsentieren. Das neue Filmfördergesetz ist dazu ein ganz wichtiger Schritt, zum Glück hören wir ja auch schon die ersten positiven Reaktionen und Signale darauf, aber Sie haben Recht, das ist nur ein erster Schritt. Ich würde gern nicht nur einen zweiten, sondern vielleicht auch einen dritten und vierten anschließen und deshalb lade ich Sie ein zum Gespräch, dass wir möglichst schnell mit den Spitzenverbänden uns zusammensetzen, uns unterhaken und dann schauen, was wir mit Mehrheiten, auch im Parlament, und mit anderen Ministerien durchsetzen können. Ich bin dazu jedenfalls bereit.
Und dieser Abend macht ja auch Hoffnung auf das Potential des deutschen Films, in seine enorme, leidenschaftliche und künstlerische Kraft, und das ist es, was den Markt und diese Branche eigentlich trägt, vor der man sich nur verneigen kann.
Und da kann man sagen, da entwickeln sich in diesem Jahr ein paar Dinge wirklich sehr erfreulich. Es ist eigentlich schon jetzt ein international ziemlich erfolgreiches Jahr für den deutschen Film. Denken wir nur an „Konklave“, den Oscar und die BAFTAs. Wer diese Woche die Papstwahl gesehen hat, der denkt, das haben die doch in der PR-Abteilung dieser Produktionsgesellschaft perfekt organisiert. Und die anderen großen Erfolge dieses Jahres, denken wir an „September 5“, ein großartiger Film, der niemanden unbeeindruckt lässt, vor allem der sich für Politik und Medien interessiert, war für den Oscar für das beste Drehbuch nominiert. Denken wir an „Die Saat des heiligen Feigenbaums“, ein erschütternder und wunderbarer Film, wurde nominiert für den Oscar als bester internationaler Film und hatte in Cannes den Sonderpreis bekommen und nächste Woche ist Cannes und auch da gibt es eine wunderbare Nachricht von der Berliner Regisseurin Mascha Schilinski mit ihrem Debütfilm „In die Sonne schauen“, der übrigens von unserem Haus gefördert ist , der ist in den Wettbewerb eingeladen – ein super Erfolg, das freut mich sehr! Also wir sehen: Die Dinge sind in diesem Jahr ganz gut unterwegs und ich bin mir sicher, heute Abend kommen weitere Erfolgsgeschichten dazu. Deshalb möchte ich zum Abschluss die erste Gratulation des Abends aussprechen, an die erste Gewinnerin des Abends: Das ist für mich nämlich das Filmpreisteam und die Organisatoren hier. Das, was wir hier erleben, vor und hinter den Kulissen, ist das Ergebnis einer wirklich starken Teamarbeit. Deswegen möchte ich mich im Namen aller einfach bedanken. Wir freuen uns auf einen großen Abend, auf eine schöne Show, vielen Dank an die Filmakademie.
Und nun genießen wir die Show.