Seit jeher führe die Kunst Gesellschaften zusammen und halte sie zusammen, erklärte Kanzleramtschef Wolfgang Schmidt in seiner Begrüßung. „Sie kann – im Wortsinn – ‚zur Sprache bringen‘, wo eine Gesellschaft noch um Worte ringt. Sie vermittelt Einblicke und Anteilnahme an Lebenswelten, die nicht unsere eigenen sind“, so Schmidt. So könne die Kunst Empathie, Respekt und damit auch den gesellschaftlichen Zusammenhalt fördern.
Dass Kunst und Kultur Offenheit, Dialogbereitschaft und die Solidarität miteinander stärke, davon ist auch Kulturstaatsministerin Roth überzeugt. Bereits zum dritten Mal hat die Staatsministerin am 5. März Künstlerinnen und Intellektuelle sowie Vertreterinnen und Vertreter aus Kultur, Politik und Medien zur Reihe „Kultur im Kanzleramt“ eingeladen. Im Fokus standen diesmal Fragen nach Teilhabe sowie nach der Kraft von Kunst und Kultur, Menschen mit ganz unterschiedlichen Hintergründen zusammenzubringen und für andere Sichtweisen zu sensibilisieren – insbesondere auch für Perspektiven von Menschen, die sozial marginalisiert oder diskriminiert werden.
Dialog fördern, Ambivalenzen aushalten
Wie wichtig Kultur gerade im derzeitigen gesellschaftlichen Klima ist, machte Sasha Marianna Salzmann mit einem Impulsvortrag zum Auftakt deutlich. Für die Schriftsteller*in ist die Kunst vor allem ein Ort, der Vielstimmigkeit, aber auch Ambivalenzen und Widersprüchlichkeiten zulässt. „Wir schauen mit ihr in menschliche Abgründe und verstehen darüber mehr von uns und von den anderen“, so die Autor*in. Salzmann unterstrich insbesondere die Notwendigkeit, Räume offen zu halten, in denen die Erfahrungen aller abgebildet werden und in denen einander scheinbar fremde Positionen aufeinandertreffen.
Mehr Sichtbarkeit für Einwanderungsperspektiven
Im anschließenden Panel stand vor allem die Frage nach der Sichtbarkeit aller gesellschaftlichen Gruppen in der Kultur im Mittelpunkt, insbesondere auch von Menschen mit Migrationsgeschichte. Die Autorin Katharina Warda, der Theater- sowie Filmautor und -regisseur Nuran David Çalış, der Präsident der Stiftung Deutsches Historisches Museum Raphael Gross und der Filmproduzent Fabian Gasmia schilderten dort ihre Eindrücke und Erfahrungen in der deutschen Kulturszene. Warda und Çalış wiesen eindringlich darauf hin, dass Einwanderungsperspektiven noch immer zu selten ein Podium in der Kultur gegeben werde.
Kultur als offene Räumen der Begegnung stärken
Auch vor diesem Hintergrund betonte Kulturstaatsministerin Roth in ihrem Schlusswort nochmals die Bedeutung von Kultureinrichtungen als Orten der Begegnung und Verständigung, die allen Menschen offenstehen sollen. „Kulturräume sollen ‚safe spaces‘, also sichere Räume sein für Unterschiede, für Differenzen und Gemeinsamkeiten“, sagte Roth. „Das sollen aber auch ‚brave spaces‘, also Räume des Muts sein, in denen gefühlt, gehört und gesehen werden kann, worüber sich unsere Gesellschaft politisch verständigen muss“, so die Staatsministerin.
Dafür brauche es jedoch einen Rahmen, der einerseits unterschiedliche Perspektiven und Vielfalt zulasse sowie Dialog und Debatte in gegenseitigem Respekt ermögliche, andererseits aber klare Grenzen gegenüber Hass, Hetze, Antisemitismus, Rassismus und jeder Form von gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit ziehe. Denn dort, wo Menschenwürde angegriffen werde, ende auch die Kunst- und Meinungsfreiheit, so Roth.
Die Veranstaltung „Kultur und demokratische Teilhabe“ war der dritte Teil der Reihe „Kultur im Kanzleramt“, mit der die Bundesregierung die zentrale Bedeutung der Kultur für die Demokratie hervorhebt. Der Abend entstand in Kooperation mit der Bundeszentrale für politische Bildung.