„Dass tausende Kunstwerke, die in der Zeit des nationalsozialistischen Deutschlands jüdischen Bürgerinnen und Bürgern geraubt wurden, bis heute, zwei Jahre, bevor wir 2025 an 80 Jahre Kriegsende gedenken werden, immer noch nicht restituiert wurden – das ist eine Schande“, erklärte Kulturstaatsministerin Roth beim Festakt zum 25-jährigen Bestehen der Washingtoner Prinzipien.
Deutschland hat die Rahmenbedingungen für die Erforschung und Rückgabe von NS-Raubgut zwar kontinuierlich verbessert, etwa durch die 2003 eingerichtete Beratende Kommission oder die Arbeitsstelle für Provenienzforschung, die 2008 ihre Arbeit aufnahm und aus deren Zusammenschluss mit der Koordinierungsstelle 2015 das Deutsche Zentrum Kulturgutverluste hervorging. „Und doch sind die bislang ermittelten Fälle nur ein verschwindend kleiner Teil der monströsen und sehr oft mörderischen Raubzüge, die im nationalsozialistischen Deutschland in der Zeit von 1933 bis 1945 stattgefunden haben“, betonte die Staatsministerin für Kultur und Medien.
Die Washingtoner Prinzipien haben entscheidend zu einer Verbesserung der Restitution von NS-Raubgut beigetragen. Im Dezember 1998 verpflichteten sich 44 Länder auf einer Konferenz in Washington, verfolgungsbedingt entzogene Kunstwerke zu identifizieren und gerechte und faire Lösungen mit den damaligen Eigentümern oder ihren Erbinnen und Erben zu finden. Daraufhin bekannten sich Bund, Länder und kommunale Spitzenverbände 1999 in einer „Gemeinsamen Erklärung“ dazu, nach weiterem NS-verfolgungsbedingt entzogenen Kulturgut zu suchen und gegebenenfalls die notwendigen Schritte zu unternehmen, um eine gerechte und faire Lösung zu finden. Dieses Bekenntnis ist Grundlage für die Arbeit der Bundesregierung, der Länder, der Kommunen und der von ihnen finanzierten Einrichtungen, wie Museen, Bibliotheken und Archiven.
Weitere Informationen finden Sie auf der Themenseite zur Aufarbeitung von NS-Raubgut.
Reform der Beratenden Kommission für Frühjahr 2024 angekündigt
Insbesondere die Beratende Kommission, die zur Klärung strittiger Fragen über die Rückgabe von NS-verfolgungsbedingt entzogener Kulturgüter eingerichtet wurde, will Roth daher gemeinsam mit den Ländern und Kommunen bis zum Frühjahr 2024 reformieren und stärken. Dazu zählt vor allem eine einseitige Anrufbarkeit sowie auch mehr Transparenz, Nachvollziehbarkeit und Nachprüfbarkeit. Zudem soll die Beratende Kommission zukünftig selbst Provenienzforschung beauftragen können. Unter anderem dafür werden die Mittel für die Beratende Kommission von rund 200.000 Euro auf eine Million für das kommende Jahr aufgestockt.
Voraussetzung dafür, dass die Beratende Kommission tätig wird, ist bisher das Einverständnis beider Seiten zu dem Verfahren. In dieser Frage geht Kulturstaatsministerin Roth in ihrem eigenen Verantwortungsbereich voran: Von Januar an werden Förderungen und Projektpartner daran gebunden sein, sich zu einer einseitigen Anrufbarkeit zu verpflichten. Bislang galt das nur für Kulturinstitutionen im Verantwortungsbereich der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien. In Zukunft gelte diese Regelung beispielsweise auch für die Mittel des Deutschen Zentrums Kulturgutverluste, so Roth.
Auch in gesetzlicher Hinsicht will die Kulturstaatsministerin Veränderungen zugunsten der Opfer des NS-Kulturgutraubs und deren Erben vorantreiben. Ihr Haus arbeite mit dem Finanz- und Justizministerium intensiv an gesetzlichen Verbesserungen zum Ausschluss der Verjährung bei NS-Raubgut, der Bestimmung eines zentralen Gerichtsstands und einer gesetzlichen Verankerung des Auskunftsanspruchs, sagte Roth.
Schließlich erinnerte die Kulturstaatsministerin auch an die Verantwortung, die Deutschland in der Frage der Rückgabe von NS-Raubgut hat. Sie werde sich dafür weiter mit großer Entschiedenheit einsetzen, betonte die Staatsministerin.